Kulturoffensive

 

 

Ein sehr passender Satz lautet: Der Mensch lebt in der Kultur wie der Fisch im Wasser. Im Umkehrschluss würde das bedeuten: Ein Mensch ohne Kultur lebt nicht; es ist ein ungelebtes Leben. Kulturen entstehen und verschwinden wieder – ein normaler Prozess seit Menschheitsgedenken. So ist es auch nicht neu, dass von den jeweils Herrschenden Einfluss auf die Kultur genommen wird und nicht selten die Menschen mit Kultur bewirtschaftet werden. Damit wird das, was wir gemeinhin unter Kultur verstehen, auf möglichst unterhaltsame Weise banalisiert. Der Mensch soll nicht mehr mitdenken, selbstdenken, sondern die Kultur konsumieren. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Kultur nicht nur „von oben“ vorgegeben wird, sondern von Menschen für Menschen gemacht wird. Subkultur und Nischenkultur sind wichtig, um neue Signale und Impulse zu setzen. Sie sollte kritisch sein, hinterfragen, provozieren, neue Wege aufzeigen und vor allem unabhängig sein. Diesen Grundlagen folgend, versuchen wir auf unsere Weise die Kulturlandschaft unserer Umgebung mitzugestalten. Dies geschieht auf offensive, aber auch verdeckte Weise. Kultur ist uns Herzenssache.

 

 

 

Li(e)bretto - Eine szenische Lesung

 

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Fotos von Marion Besse-Sandmann und Ursula Mindermann

 

 

 

 

Ausstellung mit Bücherwidmungen

 

 

 

 

Auf Buchflohmärkten und in Antiquariaten haben wir über 60 persönliche Buchwidmungen gesammelt, die präpariert auf alten Leinenbuchrücken ausgestellt wurden. Es ist eine Hommage an das geschriebene Buch und den schönen und leider etwas in Vergessenheit geratenen Brauch, Bücher mit einer persönlichen Widmung an den Beschenkten zu versehen. Manchmal sind es ganz eigene Geschichten, die sich aus den Widmungen herauslesen lassen und der Fantasie freien Lauf lassen. Der Eintrag von besagtem Engelbert, der dieser Ausstellung den Namen gab, fand sich in einem Buch von Boris Vian. Seitdem ist das Sammeln von Widmungen zu einer Passion geworden und wir würden uns freuen, wenn mir weitere Einträge zur Verfügung gestellt werden. Die Ausstellung wurde bisher in den Stadtbüchereien von Telgte und Warendorf gezeigt.

 Mal etwas Leises in einer lauten Zeit.

 

 

 

Hörstunden

 

 

Gemeinsam mit Dr. Thomas Müller und dem Heimatverein und dem Heimatverein Telgte haben wir 28 Hörstunden organisiert, die allesamt im Kornbrennereimuseum Telgte stattfanden. Das Konzept des monatlich stattfindenden Kulturabends beinhaltete Konzerte, Lesungen oder szenische Lesungen, um auf diese Weise vor allem die Nischenkultur in Telgte zu beleben. Die Veranstaltung war sehr beliegt und lockte viele Neugierige in die Location; auch solche, die solche Events normalerweise nicht besuchten. Manchmal reichten die Räumlichkeiten nicht, so dass man in den Hof ausweichen musste.

 

Die Verantwortlichen des Heimatvereins waren allerdings nach zwei Jahren der Meinung, das Konzept passe nicht zu ihrem Selbstverständnis und zogen sich als Veranstalter zurück. Offenbar existierte hier ein sehr rückwärtsgewandtes Denken über Kultur, da sich die Leitungsriege mehr mit dem Früher, statt mit dem Heute identifizierte. Dies bedeutete das Ende der Hörstunde.

 

Eine Übersicht findet auf http://www.farasan-telgte.de/hörstunde und  http://querzeit.org/hoerstunde/

 

 

 

heimART - Sofagespräche mit Musik

 

 

 

Zur 775 Jahr-Feier der Stadt Telgte im Jahr 2013 schlug ich die Idee vor, Künstler einzuladen, die in der Stadt geboren sind, um sie über ihr Leben zu interviewen. In Kooperation mit dem Telgter Kultur-Freundeskreis entstand so die erste HeimArt-Veranstaltung im Bürgerhaus. Die Mischung aus Live-Musik und Talk gefiel vielen Besuchern ausgesprochen gut, so dass 2014 eine abgespeckte Form stattfand. Weitere Veranstaltungen sind nicht ausgeschlossen!

 

Presse:

WN vom 25.3.2013
Von Axel Engels undRoland Greife

 

Zum 775. Stadtjubiläum hatte der Kultur-Freundeskreis Künstler eingeladen, die alle in Telgte ihre Wurzeln haben und heute „über die weite Welt“ verstreut sind. Titel der Veranstaltung: „heimART“. Moderator Arnold Illhardt bat Anne Breick, Jörgen Habedank, Ansgar Schäfer, Christoph Rüter und Josef Zutelgte einzeln auf das gemusterte Sofa zum Gespräch.

Es war sicherlich kein gewöhnlicher Heimatabend, den der Kultur-Freundeskreis Telgte am Samstag im gut besuchten Bürgerhaus präsentierte. „heimART – Sofagespräche mit Musik“ war schon vom Konzept her anders angelegt als übliche mit Lokalkolorit eingefärbte Veranstaltungen. Zum 775. Stadtjubiläum hatte der Verein Künstler eingeladen, die alle in Telgte ihre Wurzeln haben und heute „über die weite Welt“ verstreut sind.

 

Moderator Arnold Illhardt bat Anne Breick, Jörgen Habedank, Ansgar Schäfer, Christoph Rüter und Josef Zutelgte einzeln auf das gemusterte Sofa. Lässig und jederzeit unterhaltsam schuf Illhardt mit seinen Fragen die Basis für interessante Gespräche. An die Wand geworfene Fotos aus der Kindheit und Jugendzeit seiner Gäste boten eine perfekte Ergänzung zu manchen Anekdoten.

So erzählte Anne Breick, renommierte Studiomusikerin und Dozentin an der Frankfurter Musikhochschule, wie sie den Groove für ihre Perscussionmusik in der Schmiedewerkstatt ihres Vaters am Steintor aufgesogen habe. Pate standen die Töne, die das Klopfen auf den Amboss verursachten.

Auch der Maler Jörgen Habedank, heute in Tornesch vor den Toren Hamburgs zu Hause, hat wichtige Impulse für seine künstlerische Karriere in Telgte erhalten. In Malkursen der VHS bei Siegfried Becker und sehr viel später durch Thomas Ostendorf, der ihn mit der Glasmalerei Peters in Paderborn in Kontakt brachte. Als zwei ehemalige Loburger schwelgten Arnold Illhardt und Jörgen Habedank zudem in Erinnerungen an den Kunstunterricht bei Theo Schäfer.

Christoph Rüter lebt als Regisseur und Filmemacher in Berlin. Seine Spezialität sind Dokumentarfilme. Bundesweites Aufsehen erregte er mit seinem Film über Klaus Kinski. In dessen Nachgang wurde bekannt, dass Kinski sich an der eigenen Tochter Pola vergangen hatte. Schon in der Vorbereitung auf den Film hatte sich Rüter lange mit Pola Kinski unterhalten und führte dann noch mal ein langes Interview mit ihr, das auf Arte ausgestrahlt wurde.

   

Ansgar Schäfer, übrigens auch ehemaliger Loburger, überraschte das Publikum als professioneller Schauspieler erst einmal mit einem Monolog aus Kleists „Prinz von Homburg“. Schon dieser kurze Ausschnitt ließ erahnen, welche unglaubliche Bühnenpräsenz Schäfer entfalten kann. Derzeit spielt er in Darmstadt Theater, in dem Musical „Ein Käfig voller Narren“. In Leipzig betreibt Schäfer eine Schule für Atem, Stimme und Sprechen.

Die weiteste Anreise zu „heimART“ hatte Josef Zutelgte. Er lebt und arbeitet in New York. Zur Sprache brachte Illhardt im Frage-Antwort-Spiel noch mal die anfangs heftigen Reaktionen auf die rote Kreiseltelge, die von Zutelgte stammt. Der Begriff „Heimat“ hat für Zutelgte, der seit 30 Jahren in Amerika zu Hause ist, eine andere Bedeutung als wohl für die meisten. Denn er habe mehrere „Heimate“, fühle sich auch nach so langer Zeit in den USA noch „absolut als Deutscher“.

  

Anne Breick war nicht nur zum Reden gekommen, sondern machte auch Musik. Dazu hatte sie ihre Band „Kick La Luna“ mitgebracht. Elke Voltz, Zélia Fonseca, Uli Pfeifer und Anne Breick – Angela Frontera fehlte – sind seit 20 Jahren erfolgreich unterwegs. Ihr vierstimmiger Gesang verwöhnte die Ohren. Und wenn sie sich bei rasanteren Songs so richtig austobten, rissen sie auch das Publikum mit.

Im Saal saß eine bunt gemischte Zuhörerschaft. Die Familien der Künstler waren stark vertreten, Freunde aus gemeinsamer Telgter Zeit – damals traf man sich häufig bei „Tante Änne“ – und mit Margret Kaub und Mia Gerdemann waren auch zwei hochbetagte Telgterinnen da, die Anne Breick wiedersehen wollten.

Alles in allem ein höchst unterhaltsamer Abend, der mit über dreieinhalb Stunden aber etwas zu lang geriet. (AI: Hier waren allerdings die Gäste größtenteils anderer Meinung: “Von mir aus hätten sie noch eine Stunde länger machen können” oder “Ist doch nicht schlimm, dass es so spät ist: Wir können doch morgen ausschlafen!)

 

heimArt, die Zweite

 

Telgte, Bürgerhaus 24.1.2014

 

HeimArt, das ist Kultur aus der Region, liebevoll als Talkshow in Szene gesetzt. Schon 2013 fand die Auftaktveranstaltung großen Zuspruch bei den Zuschauern. Jetzt gab es einen Nachschlag, zwar in leicht abgespeckter Form, nichtsdestotrotz abendfüllend. Bei dieser Veranstaltung bat ich die Journalistin und Autorin Katrin Jäger und die Sängerin Nicole Thimm von der Telgter Band Veronica P. aufs Sofa, um sie über ihren Werdegang, ihr künstlerisches Schaffen und über die kleinen Anekdoten des Alltags zu befragen. Katrin Jäger begeisterte die Zuschauer mit einigen Kostproben aus ihren Büchern bzw. noch unveröffentlichten Texten. Dass die Autorin bei der B.Z. für den Sexteil der Zeitung zuständig ist, gab den Gesprächen, aber auch der Lesung die besondere Würze.

  

Nach dem Interviewpart gehörte der Abend Veronica P. Die Band um die Frontfrau Nicole Thimm spielte ein breites Repertoire ihrer ausschließlich selbst geschriebenen Songs. Auch wenn es Reminiszenzen an Rosenstolz oder Silbermond gibt, so glänzt die Formation durch ihren ganz eigenen Stil. Vor allem Nicole´s Stimme und ihre leidenschaftliche Art zu singen begeisterten die Zuschauer, die zum Schluss sogar die Bühne stürmten, um mitzusingen und diesen besonderen Moment zu feiern. Erst kurz vor Mitternacht gingen in dem festlich geschmückten Telgter Bürgerhaus die Lichter an.

  

Die Rückmeldungen nach der Veranstaltung waren durchaus positiv. Einige Zuschauer wünschten sich einen längeren Interviewteil. “Ich hätte noch stundenlang zuhören können, wie die zwei aus ihrem Leben erzählten”, kommentierte eine Frau den Abend. Ich denke, es wird nicht die letzte Veranstaltung in diesem Stil sein.

 

Lesungen

 

Sterbewache

Im September 2013 erschien im Echter-Verlag Würzburg mein erstes Buch mit dem Titel “Sterbewache”. Es ist eine Art Protokoll der letzten Nacht am Bett meines sterbenden Vaters. Was zunächst als Tagebuchaufzeichnung gedacht war, entwickelte sich mit der Zeit zu einer Abhandlung über das Leben und Sterben, vor allem über die Gefühle und Gedanken, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen. Meine Idee dabei war, Biografisches literarisch mit Sequenzen (Sätzen, Zitaten …) zu verbinden, die aus unterschiedlichsten Bereichen des geschriebenen Wortes (Wissenschaft, Lyrik, Belletristik …) entnommen wurden.

 

Lesung im leerstehenden Schlecker-Laden (Telgte)

 

Am Samstagabend fanden sich mehr als 50 Besucher im ehemaligen Schlecker-Laden in der Münsterstraße ein, um die Lesung “Sterbewache” des Telgter Buchautoren Arnold Illhardt zu besuchen. Das Buch von Arnold Illhardt entstand aus der Verarbeitung der Nachtwache am Sterbebett seines Vaters. Arnold und Marion Illhardt verstanden es, das Publikum auf die Erfahrungen dieser Nacht mitzunehmen. Jeder fühlte, dass man wusste, worum es geht, nur reden tut man ja sonst nicht darüber. So vermittelten sich die berührenden Szenen dem Publikum ebenso wie die nachdenklichen oder gar humorvollen. Dass fremde Todesanzeigen kleine eigene Tode sein können, dass das Sterben meistens nur die anderen betrifft und dass hier tatsächlich alles endlich ist, waren dabei kleine aber wichtige Einsichten. Begleitet wurden Arnold und Marion Illhardt von Tomi Basso an der Gitarre und Anne-Marie Grage am Akkordeon. Diese Veranstaltung der Telgter Künstlergruppe “Kulturnomaden” wurde in ihrer Wirkung unterstützt von Kunstwerken der Gruppe zum Thema Sterben. Ausstellende Künstler waren die Telgter Simone Elmer, Michel M., Friedo Schange, Tatjana Scharfe und Michael B. Ludwig. Letzterer moderierte diese Veranstaltung auch. Beschlossen wurde der Abend in einer vom doch beklemmenden Thema befreienden kurzen und fröhlichen Rock-Session und einem gemeinsamen Essen mit Gesprächen und Diskussionen.

 

Reaktionen: ein älterer Herr, der an diesem Abend in der Zuhörerschaft saß, erzählte mir, dass das Gelesene bei ihm schon eine gewisse Traurigkeit ausgelöst habe, da er ja selbst schon sehr alt und schon ein paarmal dem Tod von der Schippe gesprungen sei. Aber die Art und Weise, wie zum einen das Buch verfasst sei, zum anderen dieser Abend “gefeiert” wurde, habe ihm Mut gemacht. Ich hatte das starke Gefühl, so seine Worte, es geht irgendwie weiter!

Ein anderer männlicher Zuhörer um die 70 Jahre stimmte der Aussage des Buches zu, dass man sterben würde, so wie man gelebt habe. "Ich bin viel gereist und habe eine tolle Familie, so seine Reaktion, wenn ich jetzt abtreten muss, dann ist das in Ordnung. Ich habe mein Leben gelebt!"

 

 

"Ich kann´s nicht mehr sehen"

 

Eine szenische Lesung

 

Schon obskurr! Da wird man mitten in der Zeitungslektüre von seinen Augen angesprochen und gefragt, was man sieht! Natürlich ist das Sehen eigentlich Aufgabe der Sinnesorgane, doch werden 80% vom Gehirn verarbeitet. Ob bewusst oder unbewusst, der Mensch filtert, kategorisiert, ordnet zu, schätzt ein und sortiert. Also besitzt er auch eine Verantwortung für all das, was sich auf visuellem Weg in ihn hineinbewegt. Das Auge kritisiert nicht nur die Bilderflut, die das Wichtige nicht mehr von dem Unwichtigen trennen kann, sondern rüffelt den Mensch auch für sein Wegsehen, für sein stumpfes Konsumieren, ohne sich zu Wehr zu setzen. Es entwickelt sich ein Dialog zwischen Auge und Mensch, der den Schauenden in einer Art Verzweiflung zurücklässt.

Dieses Stück schrieben wir, um es in dem Laden Augenoptik Mindermann in einer szenischen Lesung vorzutragen. Die Thematik passte zum einen gut in einen mit Hunderten von Brillen gefüllten Raum, zum anderen gut in das Motto des Abends in Telgte: „alles außer gewöhnlich“, an dem sich die Läden in Telgte in einer außergewöhnlichen Mixtur präsentierten: Seidenschreiberei im Blumenladen, Chansons in der Boutique oder eben Theater im Brillenladen. Auch wenn nur ein kleines Publikum den Weg zur Lesung fand, so wurde das Stück doch begeistert angenommen und führte genau dazu, wozu es auch geschrieben worden war: Zum Gedanken machen. Es wurde im Nachhinein noch diskutiert und gefachsimpelt und man kam zu dem Resultat: Sehen ist tatsächlich mehr als nur das Projizieren von Bildern auf Netzhaut Co. Nur die Westfälischen Nachrichten fanden die Aktion in Telgte wohl nicht so berichtenswert und brillierte in ihrer Weise: alles, nur nicht ungewöhnlich.

 

 

 

Rockkonzerte

 

1. Blues-Rock-Benefizkonzert, Bürgerhaus Telgte 2012

 

 Gute Laune zu ernstem Hintergrund

(aus den Westfälischen Nachrichten, 5.11.2012)

Telgte und Rockmusik sind zwei Begriffe, die bislang nicht allzu oft in einem Atemzug genannt wurden. Doch dies hat sich durch das Benefizkonzert von Tomi Basso und Morin Ostkamp sowie der Band „Dogs on Dope“ geändert. Sie spielten zugunsten rheumakranker Kinder.  Von Frederike Scheibe

  

Telgte und Rockmusik sind zwei Begriffe, die bislang nicht allzu oft in einem Atemzug genannt wurden. Doch dies hat sich durch das Benefizkonzert von Tomi Basso und Morin Ostkamp sowie der Band „Dogs on Dope“ geändert. Die Musiker aus Münster spielten im Bürgerhaus für rheumatologisch erkrankte Kinder.

Die Idee zu diesem von der Volksbank unterstützten Projekt geht auf die Zusammenarbeit zwischen Arnold Illhardt, der als Psychologe am St.-Josef-Stift in Sendenhorst arbeitet, und dem Bundesverband zur Förderung und Unterstützung rheumatologisch erkrankter Kinder und deren Familien zurück. Der Verein hat ebenfalls an der Sendenhorster Fachklinik seinen Sitz. Illhardt und der Chefarzt der Kinder- und Jugendrheumatologie, Dr. Gerd Ganser, gehören dem Beirat an.

 

Ziel war es, mit einem gekonnt inszenierten Abend nicht nur das allgemeine Interesse der Besucher auf eine Krankheit zu lenken, die die meisten für eine bloße Alterserscheinung halten. Es sollten auch Spenden für Musik- und Kunstprojekte innerhalb des Hospitals in Sendenhorst gesammelt werden, um den erkrankten Kindern den Alltag zu verschönern.

 

Illhardt wollte „zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“, da es ihm als Urtelgter und Rockfan sehr am Herzen lag, diese Musik endlich auch nach Telgte zu bringen.

 

Die beiden Bands des Abends, die unentgeltlich für den guten Zweck auftraten, gingen in ihrer Musik auf und lebten den Rock ’n’ Roll. Die Stimmung im gut besuchten Saal war hervorragend, was nicht zuletzt an der amüsanten Anmoderation Illhardts lag.

Alles in allem war es ein lustiger Abend zu einem ernsten Thema, welcher, wenn es nach Arnold Illhardt geht, ab jetzt jährlich in Telgte stattfinden könnte. Eine neue Band für 2013 ist bereits im Gespräch.

 

Kritiken: Die Rückmeldungen für dieses Konzert waren famos: „Endlich mal Rockmusik in Telgte“, „einfach super Stimmung“ oder „klasse Bands“ waren nur einige O-Töne. Natürlich wurde auch gemeckert „zu laut“, „nachgespielt“, „immer nur Blues und Rock“, „zu rockig“ oder „zu wenig rockig“ – man kann es halt nicht allen recht machen.

 

 

 

2. Benefiz-Rockkonzert Telgte 2014

 

Telgte ist nicht gerade das El Dorado der Rockmusik. Während sich Kabarettisten die Klinke im Bürgerhaus in die Hand geben, führt die Rockmusik ein klägliches Dasein in der Emsstadt. Dabei war das mal ganz anders: Damals angesagte Rockbands traten im damaligen Schulzentrum oder früheren Kolpingsaal auf: Udo Lindenberg, Kraan, Jane oder Eloy. Und dann: Stille!

 

Nach dem großen Erfolg des letzten Bluesrock-Abend 2012 fand im März 2014 das zweite Benefiz-Rockkonzert im Bürgerhaus Telgte statt. Der Erlös des Abends, an dem alle beteiligten Bands ohne Honorar spielten, floss in die Arbeit des Bundesverbands Kinderrheuma e.V. mit Sitz in Sendenhorst. Entsprechend wurden an diesem Abend auch aktive Mitglieder des Vereins, sowie eine Kunsttherapeutin und der Bluesmusiker Tomi Basso  (beide arbeiten kunst- bzw- musiktherapeutisch mit den rheumakranken Kindern und Jugendlichen) interviewt.

Den Anfang machte an diesem Abend die Telgter Schülerrockband OUT MEMORIES. Mit energiegeladenem Sound heizten sie dem Publikum, das in Telgte anfangs immer etwas steif daherkommt, mit harten Stücken a la Tote Hosen, Green Day oder Nickelback, aber auch mit eigenen Kompositionen ein. Der Anfang war gemacht: Die sympathische Jungband spielte sich gleich in die Herzen der Zuschauer ein.

 

Dann enterten WILDLAND die Bühne. Die festivalerfahrenen Rockmusiker, die sich in Sendenhorst kennengelernt haben, kreierten einen absolut abwechslungsreichen Stilmix mit ausschließlich eigenen Kompositionen. Ihr Name leite sich vom Wildern ab, so die Erklärung der Band: Sie wildern in allen Musikrichtungen, so dass neben Reggae, Hardrock, aber auch balladesken Versionen zum Besten gegeben wurden.

 

Die letzte Band setzte einen krönenden Abschluss: KRASCH aus Telgte, Lengerich und Ostbevern setzten auf schnörkellosen, aber auch kompromisslosen Oldschoolmetal. Da gab es im Publikum spontane Moshpits, die sich schon zu OLD MEMORIES formiert hatten, sowie das vermutlich erste Telgte Stagediving. Der harte Sound war sicherlich nicht für jedes Ohr geeignet, aber viele waren extra gekommen, um lupenreinen Schwermetall zu goutieren.

Telgte hat die Probe bestanden und so wird dies hoffentlich nicht das letzte Rockkonzert sein.

 

 

 

Talkabende mit AI

 

 

 

Telgte als so eine Art Worpswede sehen“

 

Interview mit Arnold Illhardt, Diplompsychologe, Buchautor und Kulturnetzwerker im Pöggsken, Dez. 2013

 

Der gebürtige Telgter ist Mitglied der Kulturnomaden, veranstaltet in Kooperation mit dem Heimatverein die Hörstunde, hat gerade sein erstes Buch „Sterbewache“ veröffentlicht und macht sich auch sonst viele Gedanken zu Kunst und Kultur in seiner Heimatstadt. Daniela Kaminski sprach mit ihm über eine „Kulturstadt Telgte“.

Pöggsken:Was verstehst du eigentlich unter Kultur?

Arnold Illhardt: Neben der Welt, die die Natur hervorbringt, gibt es all das, was der Mensch gestaltet und gestaltet hat. Das Gesamt der menschlichen Leistungen und Orientierungen würde ich Kultur nennen. Ein wesentlicher Teil davon ist die soziale Kommunikation, also Sprache. Damit meine ich all das, was Menschen ausdrücken – also kann es auch Musik oder ein Gemälde sein.

 

Für Josef Beuys war ja jeder Mensch ein Künstler, Gottfried Benn dagegen meint „Das Gegenteil von Kunst ist gut gemeint“. Wer hat Recht?

Ich will hier nicht den aberhundertsten Kunstbegriff kreieren. Was Kunst ist, hängt vom Betrachter ab, von seiner Sozialisation. Ein prüde erzogener Mensch geht anders mit erotischen Objekten um als ein offener Mensch. Außerdem kann man Beuys auch so auslegen, dass man sich in der Kunst von elitärem Denken verabschieden sollte; Kultur und somit auch Kunst sollte nicht nur für Leute mit Geld erreichbar sein.

 

Spricht das dafür, nicht so große, teure Projekte zu machen wie die „Trash People“, sondern eher viele kleinere?

Die „Trash People“ ziehen so Touristen an, die aber nicht wegen Telgtes Eigenart kommen, sondern wegen der Ausstellung. Es fördert die Tourismuskultur. Andererseits ist es toll, wenn so eine kleine Stadt so etwas Außergewöhnliches hinbekommt. Leider kommen dann kleinere Projekte nicht zum Zuge.

 

Was würdest du denn mit einem Kulturetat machen?

Den wollte ich gar nicht haben. Es ist eine Gefahr, wenn über Kultur nur wenige Menschen entscheiden. Ich fände es gut, einen Kulturrat aus Bürgerinnen und Bürgern zu bilden, die würde ich fragen: „Was glaubt ihr, wozu dieser Etat gut ist?“

Wie verhalten sich deines Erachtens Politik und Kultur zu einander?

Politik ist ein Teil der Kultur; man spricht auch von politischer Kultur. Die Wochenzeitschrift DIE ZEIT beklagt ja öfter, dass die verloren gegangen ist. Ich denke, dass es gefährlich ist, wenn Kultur von der Parteipolitik bestimmt wird. Hier wünsche ich mir viel mehr Basisdemokratie.

 

Eine Kulturstadt Telgte – wie sähe deine Vision davon aus?

Marion und Arnold Illhardt

Du kennst ja meine Idee, Telgte als so eine Art Worpswede zu sehen: wo verschiedene Kulturschaffende miteinander arbeiten, wo verschiedene Strömungen miteinander verflochten sind. Es gibt z.B. kein Medium, in dem ALLE Termine in Telgte, auch die kleinste Lesung oder Aktion, aufgelistet sind. Das hat was mit Wertschätzung und Anerkennung zu tun, die sollte es nicht nur für bekannte Kabarettisten geben. Neben dem Bürgerhaus sollten weitere Räume für Kulturevents zur Verfügung stehen. Das Riesengebäude Hansen verfällt seit Jahren. Da hätten Künstler für wenig Geld die ganze Zeit arbeiten können. Ich habe auch bedauert, dass im Bahnhof kein Raum für Kultur eingeplant wurde. Aus diesem Grund ist mir auch der Erhalt des Kornbrennereimuseums als Ort der Kultur so wichtig.

 

Du veranstaltest selber mit dem Heimatverein die Hörstunde, hast eine Talkshow mit dem „Kulturfreundeskreis Telgte“ gemacht – das kostet alles Zeit und bringt wahrscheinlich kein Geld. Was treibt dich an?

Ich bin ja Urtelgter, bin mit der Stadt sehr, sehr verbunden und mag sie. So lange ich denken kann, war Kultur für mich wichtig, zum Teil auch Ausgleich zu meinem Beruf. In meiner Tätigkeit als Kinder- und Jugendpsychologe versuche ich, Kindern Kunst, Kultur, Lesen, das „Selber-Tun“ nahe zu bringen, anstatt nur z.B. TV und Internet zu konsumieren. Als Jugendliche hatten wir in Telgte einen Jugendkulturring. Wir sind mit einem vollen Bus ins Theater nach Münster gefahren, auch in klassische Stücke. Ich freue mich daher sehr, dass es dies noch heute gibt – den Theaterjugendring!

 

Wie sieht die- sagen wir – Zwischenbilanz deines Engagements aus?

Es ist viel möglich. Hier schlummern viele Ressourcen in Menschen, die zum Teil nie gefragt wurden oder noch nicht den Mumm hatten, etwas zu tun. Die Kulturnomaden spinnen hier Fäden, es fehlen aber weitere Macher. Von der Verwaltung kommt leider wenig Unterstützung. Meine Frau und ich organisieren gerade ein zweites Benefiz-Rockkonzert. Da gibt es aber keine Signale, toll, da kommen wir euch finanziell entgegen. Schließlich soll unser Rockkonzert die Telgter Kultur bereichern. Meine Bilanz: Telgte eignet sich als Kulturstadt, es ist mehr möglich als man denkt. Man braucht aber viel Durchhaltevermögen.

 

Ihr, deine Frau und du, habt eine Internetseite „Farasan“.Was heißt das eigentlich und was hat es damit auf sich?

„Farasan“ ist eine Insel im roten Meer und war, als wir räumlich getrennt lebten, sozusagen unser Sehnsuchtsort. Als wir bei einem Englandurlaub merkten, dass alle Häuser Namen hatten, haben wir diesen für unseres gewählt. Unser Haus und die Internetseite setzen die Idee um, in Telgte einen realen und einen virtuellen Ort zu bieten, wo kreative und kritische Leute zusammen kommen. Da das Schreiben mein Ding ist, habe ich damit auch die Möglichkeit, mir meinen Frust, politischen wie gesellschaftlichen, von der Seele zu schreiben.

 

Und was meint „hedonisch“?

Das Wort gibt es gar nicht. Es ist ein Begriff für uns für ein Leben mit Liebe, Lust und Leidenschaft und das meint nicht nur Sex. Die meisten verwechseln das mit hedonistisch. Es geht um die Art, das Leben anzugehen, weg vom Haben, vom Konsum, hin zum Sein.

 

Wenn ich eine gute Fee wäre, die dir einen Wunsch erfüllt zum Thema „Kultur in Telgte“, was würdest du dir wünschen?

Einen „Kulturhof“, also einen Bauernhof, wo Menschen miteinander leben, Kultur schaffen, Ausstellungen oder Aufführungen machen können.

 

Das wär’s. Ich drücke die Daumen. Danke für das Gespräch.

Das Interview führte Daniela Kaminski

 

Marion und Arnold Illhardt, Herrenstraße (Quelle A. Illhardt) Marion und Arnold Illhardt, Herrenstraße (Quelle A. Illhardt)
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